Künstlergespräch mit Akihiro Higuchi 2 - VERY, VERY STRONG

25.03.2021


 Haar-Frau, 2020 Ulme, Siberblatt, Urushi-Lack38 x 10 x 9,3 cm

Mikiko Sato Gallery (MSG): Zunächst über „Haar-Frau“: Woher hast du die Ideen dafür bekommen?

Higuchi: Als ich an diesem Werk gearbeitet habe, hatte ich viel Zeit. Ich fing einfach an, ohne ein finales Bild im Kopf zu haben. Aus dem Kantholz schnitzte ich zunächst nur die Beine und betrachtete und überlegte immer wieder in Ruhe während der Entstehung. An manchen Tagen führte mich das noch unfertige Werk in eine völlig unerwartete Richtung als am Tag davor und wiederum war es oft ein regelrechter Kampf für mich.

Ich hatte an Formen gedacht, die man „nicht zuordnen“ kann – eine abstrakte Form oder ein unbegreifliches Ding, aus dem Beine rauswachsen, so dass es plötzlich gehen kann. So eine Skulptur wollte ich schaffen. Dann stieß ich auf die befremdliche Frisur von Unkeis Skulptur.

MSG: Du hast einmal gesagt, dass die Rückansicht die Vorderansicht sei. Was meinst du damit genau?

Higuchi: Ich war fasziniert von der Rückseite der komischen Frisur dieses Werks (Die sitzende Buddha-Holzstatue von Dainichi Nyorai) von Unkei
(ein bedeutender japanischer Bildhauer, um 1140 – 1223). Und ich fand, dass das fertige Werk, Haar-Frau, ihre Energie im Inneren verbirgt, statt nach außen freizusetzen. Deshalb ist die Rückansicht die Vorderansicht. 

MSG: Bzgl. „Schachtelmann“:  Es ist eine Figur, die wie aus dem Roman „Schachtelmann“ von Kobo Abe entsprungen ist.

Higuchi: Kobo Abe schrieb den Roman 1973. Ich las ihn in den 90ern. Ich glaube, es ging um einen Menschen, der aus dem Inneren einer Schachtel die Außenwelt betrachtet und die Schachtel zerreißt, um mit Mitmenschen in Kontakt zu treten. Ich fühle mich wie ein Schachtelmann, wenn ich wegen Corona mit Maske, Mütze und Sonnenbrille in der Gegend rumlaufe. Es hat vielleicht auch was von der Welt der sozialen Netzwerke.

Die Welt ist groß und vielfältig, aber die innere Welt einzelner Individuen ist auch groß und sehr vielfältig. Meine Werke sind Bilder der Erwartungen und an andere Menschen oder sich selbst und Möglichkeiten von Menschen. Ein bisschen etwas von dem erwartungsvollen Moment vor einer ungeöffneten Geschenkbox wollte ich herstellen.

Die Geschichte des Schachtelmanns von Kobo Abe wäre vielleicht anders gelaufen, wenn sie in der Corona-Zeit spielte und die Schachtel schickes Äußeres gehabt hätte.

In den Werken sind Dinge aus der Natur und Kultur zu sehen, die ursprünglich nicht vom Künstler selbst stammen, deren Anverwandlung den Künstler aber zu neuen Assoziationen führt.
Die Rückansicht der Haar-Frau erinnert an Insektenpuppen. Die Schachtel des Schachtelmanns sieht leicht aus.

MSG: Warum wolltest du die 7 Werke (Very, Very strong) in der Konstellation des Sternbilds von Großer Wagen anordnen?

Higuchi: Die Anordnung nach Großer Wagen kommt aus der Bilderwelt des Mangas „Hokuto no Ken“ ( „Fist of the North Star“), den ich als Schüler mochte. Es ist eine natürliche, abwechslungsreiche und schöne Anordnung.



Foto:Andreas Weiss

Künstlergespräch mit Akihiro Higuchi 1

Die Ausstellung wird gefördert durch die STIFTUNG KUNSTFONDS und das Sonderförderprogramm NEUSTART KULTUR.

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