04.03. — 11.04.2017


The New World Picnic
Yoshiaki Kaihatsu

Beeindruckt, erschrocken, vor allem aber zu Taten und Aktionen entschlossen sah sich Yoshikai Kaihatsu angesichts der doppelten Katastrophe in Fukushima im März 2011. Ein Jahr später begann der Künstler unter dem Eindruck der gewaltigen Natur- und hausgemachten Menschenkatastrophe mit einer bis heute anhaltenden Kunstproduktion. In Fotoserien verglich Yoshikai Kaihatsu die zerstörten mit den verlassenen ... mehr lesen

Beeindruckt, erschrocken, vor allem aber zu Taten und Aktionen entschlossen sah sich Yoshikai Kaihatsu angesichts der doppelten Katastrophe in Fukushima im März 2011. Ein Jahr später begann der Künstler unter dem Eindruck der gewaltigen Natur- und hausgemachten Menschenkatastrophe mit einer bis heute anhaltenden Kunstproduktion. In Fotoserien verglich Yoshikai Kaihatsu die zerstörten mit den verlassenen Orten, organisierte einen Wanderzirkus quer durch betroffene Provinzen oder errichtete ein Haus für Politiker.

Sechs Jahre nach den Katastrophen von Fukushima und in anderen Regionen zeigt Yoshikai Kaihatsus aktuelle Ausstellung weitere seiner Aktionen. Unter anderem Bilder seines Projekts „The New World Picnic“. In ihnen sieht man den Künstler zusammen mit Freunden durch die „schöne neue Welt“ der durch Tsunami und Sicherheitsvorkehrungen radikal veränderten Landschaft spazieren. Ein Erholungsgelände der besonderen Art, das zum Verweilen oder zur Kaffeepause einlädt. Um sich unmittelbar ein Bild von ihm zu machen, hat es der Künstler direkt in die Galerieräume geholt, mit einer fast an die Decke reichenden Mauer. Ihr Vorbild ist der nach der AKW-Kernschmelze errichtete Schutzwall, der künftig vor weiteren Tsunamis schützen soll.

 

Handhalten im Dorf Iitate

Die Atomstrahlung prasselt erbarmungslos nieder. Man sagt, dass die Strahlung in vom AKW 60 km entfernten Fukushima stärker ist als im 30 km entfernten Minamisōma. Ich werde nie vergessen, wie eine Mutter aus Minamisōma sagte: „Die armen Menschen in Fukushima“. Je nach Windrichtung oder Regenfall entstehen Gebiete mit hoher Stahlungskonzentration. Durch den Regen werden die einen verschohnt und andere trauern. Im Dorf Iiita, in Fukushima, befindet sich eine Lageranlage für verseuchte Erde. Ich möchte mich der Natur annähern, die diese Anlage umhüllt.

März, 2016 im Dorf Iitate, Präfektur Fukushima

 

Picknick im einer neuen Welt

Vor einigen Jahren fand eine Ausstellung in Oslo, in Norwegen statt. Zur Eröffnung besuchte mich Kiera, mit der ich in New York ein Studio teilte. Wir hatten uns so lange nicht gesehen, also fragte ich sie, ob wir zusammen etwas trinken gehen wollen, aber sie zeigte nur auf ihren Rucksack und antwortete: „Ich bin jetzt zu einem Picknick verabredet“ und fuhr einfach so mit Ihrem Freund zusammen weg. Ich fragte mich, ob ein Picknick so wichtig sein konnte?

Ich nannte mein neues Werk „Picknick in einer neuen Welt“. Ich näherte mich nach dem großen Erdbeben und dem AKW-Unfall durch Wohltätigkeits- und Kunstveranstaltungen auf meine Art an das Katastrophengebiet.

Irgendwann aber empfand ich, dass der Informationsgehalt im Fernsehen in Tokio sich von der Katastrophenregion immens unterscheidet.

Ein Bekannter von mir aus der Fernseh-Branche sagte mal: „Das liegt daran, dass man damit keine Einschaltquoten bekommt“.

Nach nunmehr 5 Jahren nach dem Beben hört man ebenfalls Ausdrücke, wie Verblassung.

Wenn es so weitergeht, wird sich nicht vermeiden lassen, dass das Interesse an der Tōhoku-Region und an Fukushima immer weiter verblasst.

Da möchte ich doch dringend dazu beitragen, dass die Dinge aus dem Katastrophengebiet noch mehr in die Breite und mit noch mehr Intensität erzählt werden. Ich möchte gerade die Dinge, die man versucht zu verstecken oder so tut als würde man nicht sehen, zeigen.

Das waren meine Gedanken als ich mich auf einen Ausflug in das Katastrophengebiet machte - der neuen Welt, die sich vor uns aufgetan hat — um dort ein Picknick zu machen.                                                                                                          

Fröhliche Menschen in einer Landschaft vor der man einen Moment in Verteidigung geht. Ich möchte gern, dass man sich durch diesen Kontrast einen Moment Zeit nimmt, über die verlorene Welt nachzudenken. Genau — das Picknick war nämlich von entscheidender Bedeutung.


Yoshiaki Kaihatsu wurde 1966 in Yamanashi in der gleichnamigen Präfektur westlich von Tokio in Japan geboren. Sein Studium und seinen Abschluss machte Kaihatsu an der Tama Art University in Tokio. Es folgten zahlreiche Ausstellungen und Auszeichnungen, die ihn und sein Werk um die ganze Welt führen sollten. Als Artist in Resident hielt sich Yoshiaki Kaihatsu für längere Zeit in mehreren Ländern auf, unter anderem in den USA, Canada, China, England und Deutschland.

 

Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)

2002, Teilnahme an der Gruppenausstellung „Dia del Mar//By the Sea“ , Ps1 Moma in New York

2004, Teilnahme an der  „9. Internationalen Architekturausstellung“ der Biennale von Venedig

2005, Teilnahme an der Gruppenausstellung „Lichtkunst aus Kunstlicht/Light Art from Artificial Light“, ZKM, Karlsruhe

2006, Teilnahme an der 2. „Echio-Tsumari-Triennale“ in der Präfektur Niigata

2006, Teilnahme an der Gruppenausstellung „Berlin-Tokyo/Tokyo-Berlin“ in der Neuen Nationalgalerie in Berlin und im Mori Art Museum, Tokio

2006, Einzelausstellung „Yoshiaki Kaihatsu / Happô-En/Teehaus“, NKV/ Wiesbaden

2007, Teilnahme an der Gruppenausstellung „Making a Home: Japanese Contemporary Artist in New York“ in der Japan Society in New York

2008, Teilnahme an der Gruppenausstellung „Great New Wave: Contemporary Art from Japan“, Art Gallery of Hamilton/Art Gallery of Greater Victoria, Canada

2016, Einzelausstellung im Ichihara Lakeside Museum, Chiba, Japan

 

 

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