Von weitem gleichen sie winterlichen Schneepalästen. Wer aber näher an die großdimensionierten und leuchtenden Skulpturen von Yoshiaki Kaihatsu herantritt, trifft auf Styropor als ihr Baumaterial. Nicht irgendwelches, sondern geformtes Verpackungsmaterial, das ehemals Konsumgüter vor Transportschäden schützte. Unter Kaihatsus Händen verwandelt es sich in begehbare Tempel, in ein Teehaus oder in abstrakte Skulpturen. Wie Ufos leuchten diese Architekturen von innen heraus und verleihen ihnen einen Hauch von Science fiction. In „negativer“ Hinsicht sind sie das gleich doppelt. Zum einen handelt es sich bei ihnen buchstäblich um Negativformen, zum anderen schliessen ihr Material und Leuchten auch die Doppeldeutigkeiten und Ungewissheiten einer „strahlenden Zukunft” mit ein.
Definitiv mit den Gefahren einer solchen Zukunft hat sich der Künstler mit einer anderen, diesmal jedoch nicht auf Styropor basierenden Arbeit auseinandergesetzt. Diesmal baute er ein kleines Holzhäuschen (Das Haus der Politiker in Fukushima ) in der Nähe des evakuierten Dorfes Idate, nicht unweit der Reaktorruine von Fukushima. Politiker lud er ein dort zu verweilen, um über die Konsequenzen des verheerenden Tsunamis sowie weiterer epochaler Ereignisse wie 9/11 nachzudenken. Seine Arbeiten hat Yoshiaki Kaihatsu einmal mit einer sozialen Dienstleistung verglichen, deren Form er nicht als Objekte, sondern als Werkzeuge konzipiert, „die von jedem Zuschauer unmittelbar als Kunstwerke erkannt werden, mit dem Bemühen, neue Ausdrucksformen zu entwickeln.”
The New World Picnic | Yoshiaki Kaihatsu (Wolf Jahn) | Kaihatsu Yoshiaki (Katalog, 2014) | Broschüre | GIFT ( Hajo Schiff )
Unser Galerie-Künstler Yoshiaki Kaihatsu wurde mit dem renommierten "Geijutsu Senshō Bunka-chō Daijin-shō" (Kunstpreis des japanischen Kultusministeriums, Kategorie Zeitgenössische Kunst) ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am 11. März statt.
Kaihatsu, geboren 1966 in Yamanashi, beschäftigt sich in seiner künstlerischen Praxis mit alltäglichen Objekten sowie aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen. Seine Werke – darunter soziale Skulpturen, Installationen und Performances – zeichnen sich durch spielerische Offenheit und einen vielschichtigen, interaktiven Ansatz aus. Im vergangenen Jahr war seine Einzelausstellung im Museum of Contemporary Art Tokyo ein großer Erfolg.
Das Datum der Preisverleihung, der 11. März, ist in Japan zudem ein bedeutender Tag. Nach dem Tōhoku-Erdbeben von 2011 positionierte sich Kaihatsu politisch deutlicher und entwickelte Kunstprojekte sowie Aktionen, die sich mit den Auswirkungen der Katastrophe auf betroffene Menschen und Regionen auseinandersetzen. Diese Erfahrungen prägen sein Werk bis heute.